Berichte

  Brückenhofmuseum

Honnefer Notgeld von 1921
Heinrich Reifferscheid und Wilhelm Redeligx
Als Honnef sein eigenes Geld druckte
Ein Märchen der Brüder Grimm auf den Notgeldscheinen
Das Notgeld in Honnef trieb künstlerische Blüten
Märchenhafte Serie von Heinrich Reifferscheid und Wilhelm Redeligx


Der Künstler Heinrich Reifferscheid, der das Notgeld - auch „Gutscheine“ genannt - 1921 entworfen hatte, verwendete zur Illustration die allen Kindern bekannten sieben Fragen der sieben Zwerge, die dann Schneewittchen in einem der Bettchen entdeckten und es darin fortschlafen ließen.
Sieben Zwerge, sieben Berge (Siebengebirge) – die Verbindung klingt verführerisch und legt die Vermutung nahe, daß Reifferscheid sich deshalb für diese Geschichte aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm entschieden hat.
Heinrich Reifferscheids Patenonkel ist Herman Grimm, der Sohn von Wilhelm Grimm, der mit seinem Bruder Jakob die Märchen veröffentlicht hat. Reifferscheids Großvater Karl Simrock war mit den Grimms eng befreundet und besonders Wilhelm und dessen Familie waren mehrmals in Menzenberg und Rheinbreitbach zu Gast. Hier kann der Künstler seinen geistigen Bogen zwischen den sieben Zwergen und den Bergen samt einer Hommage an das Haus Grimm gespannt haben. Auch dies liegt nahe.

Fünf Zeichnungen auf dem Notgeld stammen von Heinrich Reifferscheid, vier von Wilhelm Redeligx. Das Notgeld hat im Original die Abmessungen 10,7 cm x 7,4 cm.

Zur Entstehungsgeschichte der Notgeldserie wird mit Hilfe der BÜRGERSTIFTUNG BAD HONNEF bald eine Broschüre entstehen. Der vorliegende Text stammt in Teilen aus der Bad Honnefer Ausstellung im August 2008, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Peter Weinmann, Karl-Simrock-Forschung Bonn.
Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?
Heinrich Reifferscheid: Honschaft Mühlheim
Wer hat von meinem Tellerchen gegessen.
Heinrich Reifferscheid: Honschaft Beuel u. Selhof
Wer hat von meinem Brötchen gebrochen?
Heinrich Reifferscheid: Honschaft Rommersdorf
Wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen?
Wilhelm Redeligx: Alte Kapelle und Dorfeingang in Rhöndorf a/Rh.
Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?
Heinrich Reifferscheid: Löwenburg zur Ritterzeit
Wer hat mit meinem Messerchen geschnitten?
Heinrich Reifferscheid: Karl Simrock´s Haus
Wer hat in meinem Bettchen geschlafen?
Wilhelm Redeligx: Rhöndorf am Rhein - Strandbad - Drachenfels
Wilhelm Redeligx: Ruine Drachenfels mit Blick rheinaufwärts
Wilhelm Redeligx: Bad Honnef am Rhein
Heinrich Reifferscheid (1872 - 1945) - Selbstportrait 1914 (beschnitten)
Wilhelm Redeligx (1865 - 1951): Portrait (nach einem Repro im GA-Bonn v. 9.8.2008)
Da ist der Umschlag für die "Gutscheine".

Mit „Adleraugen“ auf Motivjagd
Von Roswitha Oschmann
PORTRAIT. Wilhelm Redeligx ist Besitzer des „Weinguts Münchenberg“ in Rhöndorf und Künstler. Alte Ansichten detailgetreu festgehalten. Auch Notgeld mitgestaltet.

RHÖNDORF. Der Wein vom Gut Münchenberg mundete vorzüglich. Mindestens genauso prächtig war das Etikett auf den Flaschen, in denen der gute Tropfen steckte. Der Aufkleber darf gewissermaßen als Kunstwerk bezeichnet werden. Denn Winzer Wilhelm Redeligx galt auch gleichzeitig als begnadeter Zeichner. Und so kamen Inhalt und Aufdruck der Bouteillen aus einer Hand. Das landhausähnliche Weingut Münchenberg mit seinem Türmchen baute Wilhelm Redeligx vor hundert Jahren nach eigenen Entwürfen, nachdem er mit seiner Familie aus Köln nach Rhöndorf gezogen war.
Zunächst wohnte er im „Haus Waldfrieden“ an der Löwenburger Straße, bevor er in sein schmuckes, neues Domizil schräg gegenüber wechselte. Bereits Jahre vor dem Ersten Weltkrieg erntete er die ersten Trauben und kelterte Wein. Er hatte in der Flur Im Münchenberg Dutzende von schmalen Parzellen erworben und einen Weinberg angelegt. Die Mittel dazu stammten aus Aufträgen für namhafte Unternehmen.
Wilhelm Redeligx war Lithograph und entwarf große Prospekte, die mit reichlich Goldmark honoriert wurden. An langen Zeichentischen setzte er die Skizzen um, die er zuvor auf den Firmengeländen angefertigt hatte. Manches Mal stieg er dazu auf hohe Essen. Sein Bruder Clemens half oft bei diesen lebensgefährlichen Expeditionen. Dann aber setzte sich die Fotografie verstärkt durch. Die Zahl der Aufträge für den Industriezeichner verringerte sich. Der Weinanbau wurde mehr und mehr Redeligx’ Hauptfach. Trotzdem bannte er alles auf Zeichenpapier, was er vor Augen bekam. Ob den Drachenfels, das Strandbad, das Rheinufer oder die Rhöndorfer Fachwerkidylle, die ganze Gegend hielt er fest. Er fertigte auch Postkarten. Seine Arbeiten sind Zeugnis einer vergangenen Zeit. Enkel Rolf P. Bürmann hegt diese Schätze, wie er auch einen Stapel von Arbeiten hat, die das alte Köln um 1885 zeigen, darunter Bauwerke, die längst nicht mehr existieren, etwa das alte Theater der Domstadt, das einen Kalender von 1903 zierte.

Wilhelm Redeligx wurde 1865 in Köln geboren. Seine Eltern hatten eine kleine Dampfmaschinenfabrik. Als die ersten Elektromotoren aufkamen, gingen die Geschäfte schlechter. Unglücklicherweise verstarb bald darauf der Vater. Als der ältere der beiden Söhne musste Wilhelm nun für die Familie sorgen. Doch: Der Betrieb interessierte ihn nicht. Er hegte nur einen Wunsch: Er wollte malen. Verwandte hatten eine Buchdruckerei. Dort machte der junge Mann erste Bekanntschaft mit der Lithographie. Die Präzision, mit der Wilhelm Redeligx seine Aufgaben in Angriff nahm, blieb nicht verborgen. „Ihm wurden Adleraugen nachgesagt“, weiß Rolf P. Bürmann zu berichten. „Er konnte gestochen scharf zeichnen.“ Erst im höheren Alter, als seine Augen nachließen, verlegte sich der Künstler auf Ölmalerei. Aber auch Aquarelle in schönster Vollendung finden sich in seinem Nachlass.
Wilhelm Redeligx fand einen Sponsor, der ihn zunächst zum Studium ermunterte und ihn dann dabei auch unterstützte. So absolvierte er mehrere Semester an den Kunstakademien in Düsseldorf und Berlin. Danach startete er zu ausgedehnten Reisen nach Portugal und Italien. Wieder zurück in der Heimat, heiratete er 1895 Josefine Nelles, ein Kölner Mädchen aus gutbürgerlichem Hause.
„Er unterzog sich einem strengen Tagesablauf“, erzählt der Enkel. Der jetzt 79-Jährige besuchte den Großvater einst in den Ferien und half ihm bei der Arbeit im Weinberg und im Garten, bevor er 1943 für ganz nach Rhöndorf zog. „Mein Opa konnte nie müßig sein.“ Rolf P. Bürmann erfuhr bei Wilhelm Redeligx alles über Tiere und Pflanzen. „Er hatte viele Geschichten auf Lager, war lustig und an allem interessiert, was sich im Ort abspielte.“ Wilhelm Redeligx sang im Kirchenchor, war im Bürgerverein und Jäger.
Vor einiger Zeit wurde das ehemalige Weingut, das sich nicht mehr im Familienbesitz befindet, renoviert und ist ein hübscher Blickfang links der Straße auf dem Weg zum Waldfriedhof.
„Mein Großvater war sehr bescheiden“, beschreibt Architekt Bürmann Wilhelm Redeligx, der 1951, neun Jahre vor seiner Frau Josefine, verstarb. „Er hat auch nie ausgestellt.“
Nur einmal kursierten seine Arbeiten: als Honnef 1921/22 Notgeld drucken ließ. Bleibt eigentlich nur zu wünschen, dass auch Redeligx’ umfangreiches Lebenswerk einmal in einer eigenen Schau gewürdigt wird.

Wir danken Roswitha Oschmann, die uns den Beitrag für diese Bildergalerie zur Verfügung gestellt. Er wurde fast identisch am 9.8.08 im GA-Bonn veröffentlicht. Wir haben ihn für diese Bildergalerie gekürzt.
 Das umfassende Portrait des Malers Heinrich Reifferscheid
 Weiteres Notgeld finden Sie im BRÜCKENHOFMUSEUM virtuell