1784 - ein Katastrophenjahr für die ganze Region: Im Mai wurde Selhof durch einen Brand vernichtet

Dazu schrieb Roswitha Oschmann im General-Anzeiger Bonn:

1784 brach in Selhof ein Großbrand aus
SELHOF. Bim, bim, bim, bim. Die Glocken schlugen Brandalarm. Heute vor 230 Jahren stand Selhof in Flammen. Der 8. Mai 1784 war ein Samstag. Am Nachmittag, kurz vor vier Uhr, schreckte das heftige Läuten die Bewohner aus ihrer Arbeit. Rauch stieg auf. Am Fuckenberg war Feuer ausgebrochen. Der Wind trug es über die Schul- und die Selhofer Straße bis zur Kapelle Sankt Martin. Das Fachwerkgebälk knisterte und brannte wie Zunder. Durch Funkenflug wurden auch die Gebäude an der Beueler Straße in Brand gesetzt. Mehr als die Hälfte aller Wohnhäuser des Ortes wurde vernichtet. Zwei Selhofer kamen in den Flammen um. Es ist fast ein Wunder, dass bei diesem großen Dorfbrand nicht noch mehr Menschenleben zu beklagen waren.

Caecilie Berg geborene Weßel war vor dem Feuer in die Dachkammer ihres Hauses an der Schulstraße geflüchtet - die 65-jährige Witwe von Peter Berg erstickte dort qualvoll im Rauch. Und Anna Catharina Mauritii Wolff, ein Mädchen von sechs Jahren, kam in einem Stall grausam in der Feuersbrunst um. Am 10. Mai wurden beide Opfer auf dem Kirchhof neben der Honnefer Kirche durch Pfarrer Johann Schüller beigesetzt. Aus einem zusätzlichen Eintrag des Pastors im Sterbebuch der Pfarrei Sankt Johann Baptist geht hervor: 61 Häuser mit Stallungen, 16 Kelterhäuser und die Kapelle wurden vernichtet. Die Ursache des Brandes: unbekannt.

Vor dem dramatischen Geschehen standen in Selhof etwa 115 Wohngebäude. Die meisten hatten Ställe und Scheunen, viele auch ein Kelterhaus. Der Fuckenberger Hof an der heutigen Selhofer Straße 14, einer der wenigen massiven Bauten in Selhof, blieb erhalten. Wahrscheinlich lag im Nachbarhaus Nummer 16 der Brandherd.

An jenem Samstagnachmittag waren wohl viele Selhofer noch auf den Feldern und in den Weinbergen. Hinter ihnen lag ein harter und langer Winter, der die Rheinanlieger mit einem verheerenden Hochwasser gebeutelt hatte. Die Arbeit drängte. Zumal am darauffolgenden Donnerstag, dem 13. Mai, sich auch die Bewohner von Selhof der traditionellen Prozession nach Sankt Servatius anschließen wollten, um Schutz vor Hagelschlag, Abwendung von Pest, Hunger, Krieg und Brand zu erflehen.

Voller Panik werden die Menschen nach Hause gerannt sein. Eine Feuerwehr existierte noch nicht. Einige Löschteiche waren angelegt, es gab Brunnen und Pumpen. Es galt, das brüllende Vieh aus den Ställen zu retten, möglichst Hausrat und Vorräte aus den brennenden Häusern zu holen. Viel Zeit blieb nicht. Nach einer halben Stunde soll Selhof in Schutt und Asche gelegen haben. Nach diesem verheerenden Ereignis galt die Losung: „Einigkeit macht stark!“ Unter diesem Motto gründete sich damals der Junggesellenverein, der noch heute besteht. Die jungen Männer packten gemeinsam an, um die Schäden nach und nach in Nachbarschaftshilfe zu beseitigen.

Ganz arm dran waren die Humbach-Kinder Anna-Maria und Elisabeth. Sie hatten nach dem Tod von Mutter und Vater 1783 die Hälfte des elterlichen Hauses geerbt. Nach Auszahlung einer bestimmten Summe an die Miterben und nach Tilgung eines darauf lastenden Armenkapitals sollte es ihnen gehören. Aber: Das Wohnhaus lag neben dem der Witwe Berg und war ebenfalls abgebrannt. Miterben nahmen einen Kredit auf, um den Mädchen „aus anverwandtlichem Mitleid“ zu helfen.

Die Not muss groß gewesen sein. Viele Selhofer brauchten nach diesem Unglück ein Dach über dem Kopf, einen Schlafplatz, bis der Neubau fertig war, Baumaterial, Lebensmittel und Ersatz für zerstörten Hausrat und vernichtetes landwirtschaftliches Gerät. Erst 1799 konnten die leidgeprüften Selhofer auch den Wiederaufbau der abgebrannten Kapelle in Angriff nehmen, der sich allerdings bis 1801 hinzog. Dann stand auch das Wahrzeichen des Ortes wieder.

Adolf Nekum brachte Licht in den Brand
Über den Selhofer Dorfbrand gibt es erstaunlicherweise keine schriftlichen Berichte. Solch ein Großbrand wäre zum Beispiel ein Fall für den Chronisten Hermann Christian Hülder aus Oberdollendorf gewesen. Heimatforscher Adolf Nekum fand jedoch im Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf in den Bergischen Gerichtsprotokollen einige Urkunden aus dem Jahr 1784, bei denen es um Kredite für den Wiederaufbau nach diesem Brand ging. Das Sterbebuch belegte ebenso das Geschehen. Aus beiden Quellen geht auch hervor, dass die Kapelle tatsächlich abgebrannt war.

Das Katastrophenjahr 1784
Nur sechs Tage nach dem Brand müssen die Selhofer erneut in Angst und Schrecken versetzt worden sein. Am 14. Mai 1784 bebte die Erde. Das wiederholte sich noch mehrfach in diesem Katastrophenjahr – am 5. Juni, am 5. und 6. September sowie am 12. und 29. November.
Das Jahr hatte auch nicht gut angefangen. Im Januar und Februar war es bitterkalt und der Rhein eine Eiswüste. An der Südspitze der Insel Nonnenwerth türmten sich die Eisschollen haushoch. Das einsetzende Hochwasser zerstörte Häuser, Brücken, Schiffe und forderte auch Menschenopfer.   

oro
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