Evangelische Kirchengemeinde: "Wenn wir täten, was wir sollten..." - Luthers Tischreden bei Suppe und Bier

"Wenn wir täten, was wir sollten..." - Luthers Tischreden bei Suppe und Bier

So ähnlich mag es auch vor gut 450 Jahren öfter gewesen sein in Wittenberg, als Luther vor 20 bis 50 Menschen im Schwarzen Kloster seine Tischreden hielt. Das Schwarze Kloster in Wittenberg war ein ehemaliges Augustiner-Kloster, welches Kurfürst Friedrich der Weise  der wachsenden Familie Luther überlies, da es nach der Reformation verwaist war. Damals saßen seine Familie, Studenten, Gelehrte und auch Reisende mit am Tisch. Als Gerichte standen damals viele Hülsenfrüchte und Fleisch aus dem  eigenen  Hof auf dem Tisch, sehr oft sicherlich fettes Schweinefleisch und Erbsen, Luthers Lieblingsspeise.

Manche Essen begannen - ganz in klösterlicher Tradition - mit einem langen Schweigen, manche mit einer Bibellektüre, mit Gesang oder mit einem Gebet. Die von manchen Gästen, z.B. von Konrad von Cordatus, ab 1531 mitgeschriebenen Tischgespräche kann man sich eher als lange Monologe Luther s vorstellen, die auf Deutsch,  aber auch auf Latein geführt wurden. 20 Jahre nach Luthers Tod wurden diese Gesprächsnotizen von Johannes Aurifaber, eigentlich Johannes Goldschmied, gesammelt, systematisiert und 1566 veröffentlicht.

Zu der im Rahmen der ökumenischen Vortragsreihe "Am Achten um Acht" Auftaktveranstaltung zum Reformationsjubiläum kamen weit mehr als 50 Zuhörer, die sich an den deftigen Suppen, dunklem Bier  und den deftigen Worten erfreuten, die von Pfarrerin Anne Kathrin Quaas sowie vom Mitglied des Presbyteriums Kai Flessing kraftvoll vorgetragen wurden. Die ausgewählten Texte behandelten Themen wie Politik, Theologie, Liebe und die "Weiber".

So beschrieb der weitgereiste Luther die Rheinländer als lebenslustiges Volk mit einer stattlichen Kirche in Köln, welche aber zu groß sei, um einer Predigt zu lauschen, was wichtiger sei als der geschriene, laute Gesang. Auch solle man für die Obrigkeit beten, denn leicht verändere die neugewonnene Macht den Charakter der Amtsinhaber.

Viel Gottvertrauen spiegelt sich in seinem Appell zur Genügsamkeit: Man soll mit seinem Schicksal zufrieden sein; was der Herrgott einem gibt, das nehme man mit Dank an. Was er einem nicht gibt, das kann man gut entbehren. Ohnehin können Reichtum, Verstand und Schönheit leicht übel genutzt werden oder man ist mit seinen Gaben unzufrieden. "Der Pfau klagt, dass er nicht die Stimme der Nachtigall habe". Aber Gott hat die Gaben ungleich auf die Menschen verteilt, damit sie einander bedürfen.

Auch sehr persönliche Dinge sprach Luther oft an: " Begierde kommt ohne Anlass, so wie Flöhe und Läuse" - anders als Liebe. Auch appellierte er zur Zähmung der Gelüste  "Du kannst nicht wehren, dass die Vögel in der Luft hin und her fliegen, wohl aber verhindern, dass sie auf deinem Haupt nisten!"

Die Ratschläge für einen guten Prediger machten Pfarrerin Quaas besonders viel Spaß vorzulesen: Ein guter Prediger müsse feinrichtig lehren können, einen feinen Kopf haben, beredet sein, eine gute Stimme und ein gutes Gedächtnis haben, er möge fleißig sein, sich verspotten lassen und mit seiner Predigt früh genug aufhören.

Über einen Satz werden die Anwesenden noch lange nachsinnen: "Wenn wir täten, was wir sollten, und nicht machten, was wir wollten, dann hätten wir auch, was wir haben sollten. Nun tun wir, was wir wollen, und nicht, was wir sollten, darum müssen wir auch aushalten, was wir nicht wollen."

Nach einem Dank für die vielen Helfer, die den Abend auch kulinarisch so gut vorbereitet haben, schloss sich Pfarrerin Quaas dem Wunsch Luthers an, der sich als  christlich sei und nicht lutherisch bezeichnete, denn er fuße seinen Glauben auf Christus.

Bild von 2017
Text: Dr. Sigi Gerken
Zur Verfügung gestellt von Dr. Sigi Gerken - Ev. Kirchengemeinde
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