Kaffeerösterei Peter Krämer Königswinter - Familiengeschichte

Das ist ein alter Kaffespender der Firma Peter Krämer, Königswinter.
Höhe: 41 cm, mit Deckel 48 cm. Durchmesser: 25 cm.
Der kleine Messbehälter: 12,5 cm lang, mit Knauf, Durchmesser 7 cm.

Die Königswinterer Firma Peter Krämer KG betrieb in Königswinter, Hauptstr. 338 (heute Königswinter-Altstadt) - später in der Generalkonsul-von-Weiss-Str. 5), in Oberdollendorf (Heisterbacher Str. 116a - heute hat dort die Tischlerei Schute ihren Verkaufsraum) und in Thomasberg (Obere Str.) Lebensmittelgeschäfte. 1992 schloss die Peter Krämer KG die unter dem Namen "Krämer's Laden" betriebenen Geschäfte und stellte damit ihre Einzelhandelstätigkeit ein.

Bis 1971 betrieb die Firma in Bad Honnef-Aegidienberg (Ortsteil Rottbitze) eine Lebensmittelgroßhandlung, die der SPAR-Handelsorganisation angeschlossen war und ca. 220 Einzelhandelgeschäfte selbständiger Lebensmittelkaufleute belieferte.

Als wir nun Peter Krämer, der heute Vorsitzender des Heimatvereins Siebengebirge in Königswinter ist, über unser Exponat informierten, schrieb er uns die folgenden Zeilen:

Da haben Sie wirklich eine schöne Kaffee-Dose unserer Firma, die ich mir gerne im Original ansehen würde. So ein Exemplar habe ich bisher weder auf Bildern, geschweige denn im Original zu Gesicht bekommen. Stammt die Dose aus dem ehemaligen Lebensmittelgeschäft von Frau Laufenberg an der Falltorstraße (siehe LINK 1)? Die Laufenbergs waren, so mein Vater Carl Krämer (1913 - 1987), einer unserer ältesten Großhandelskunden, die seit Mitte der 1920er-Jahre von uns beliefert wurden. Ich vermute, dass die Dose auch aus dieser Zeit stammt.

Aus der unten befindlichen Entnahmeöffnung kann man schließen, dass die Dose als Vorratsbehälter für losen (= unverpackten) Kaffee in Form von gerösteten Kaffeebohnen im Einzelhandel verwandt wurde und aus ihr Kaffee in 1/8- oder 1/4-Pfund Mengen verkauft wurde. Der Kaffee wurde in Dosen aufbewahrt, damit das Aroma des Kaffees lange erhalten blieb. Kam der geröstete Kaffee mit der Außenluft in Kontakt, dauerte es nicht lange, bis Kaffeeduft und -aroma verflogen waren, deshalb die Aufbewahrung in Dosen.

Kaffee war bis in die 1950er-Jahre im Vergleich zu den üblichen Lebensmitteln ein "Luxusgut". Die Tatsache, dass es seinerzeit viele Marken "Ersatzkaffee" (Linde's, Kathreiner's, Diller usw.) gab, zeigt, dass man sich "echten Bohnenkaffee" nicht oft leistete. Grund hierfür war u. a. die hohe Kaffeesteuer, die sich im Verbraucherpreis wiederspiegelte; Vater Staat "trank" an jeder Tasse "echten" Bohnenkaffee kräftig mit.

Kaffee geröstet wurde in unserer Firma bis 1971. Die Kaffee-Rösterei - auch "Brennerei genannt" - war Bestandteil unseres Lebensmittel-Großhandels, zuletzt in Aegidienberg, Rottbitzer Str., vorher in Königswinter-Altstadt in der Generalkonsul-von-Weiss-Str. 5 (ganz früher Neustraße). Soweit ich mich erinnern kann - ich bin Jahrgang 1943 und meine Erinnerungen setzen mit dem Ende der 1940er-Jahre ein - hat mein Großvater Peter Krämer (1883 - 1964) den Kaffee geröstet.

Mein Großvater war zwar immer in unserem Einzelhandelsgeschäft an der Ecke Hauptstraße / Generalkonsul-von-Weiss-Str. zu finden, dort saß er an der Kasse, aber Kaffeerösten war sein Leidenschaft, die er bis zum Ende der 1950er-Jahre wahrgenommen hat. Danach übernahm ein von ihm eingearbeiteter Mitarbeiter die Aufgabe. Die Aufgabe des Rohkaffee-Einkaufs und das Festlegen der Mischungen hat er aber weiter in Gemeinschaft mit meinem Vater und unserem Prokuristen Hans Richarz aus Oberkassel wahrgenommen.

Auf der ersten Etage unseres Lagergebäudes in der Königswinterer Generalkonsul-von-Weiss-Str. befand sich bis 1963 die Kaffeerösterei. Mit einem gasbetrieben Röster der Fa. Probat aus Emmerich (siehe LINK 2) - auch heute noch Weltmarktführer in Kaffeeröstern - wurde der hellgrün-farbige Rohkaffee in einem ca. 12- bis 15-minutigem Prozess geröstet. Über den Gasflammen rotierte die Rösttrommel, in der sich ca. 15 - 20 kg Rohkaffee befanden. Beim "Brennen" des Kaffees verlor dieser ca. 20 - 25 % an Gewicht, das Volumen der Kaffeebohnen vergrößerte sich und das typische Kaffeearoma stellte sich durch den Röstprozess mit der  Erhitzung der in den Kaffeebohnen enthaltenen und eingeschlossenen ätherischen Öle ein.

Danach wurde der Kaffee "verlesen", d. h. Bruchbohnen, Bohnen die unansehnlich waren, Holzstückchen und kleine Steinchen, die sich noch im gerösteten Kaffee befanden, wurden manuell aussortiert. Dann wurde der Kaffee in Tüten verpackt. Die Verpackung lief folgendermaßen ab: Die Tüten wurden maschinell mit Kaffee befüllt, das Verschließen erfolgte aber wieder manuell durch Zufalten der Tüte und Verschließen mit einem Tese-Film-Streifen. 

Ab und zu kam es vor, dass es in der gesamten Altstadt nach frisch geröstetem Kaffee roch, wenn bei uns Kaffee geröstet wurde und es total windstill war.

Unsere Kaffees wurden in 125-g (1/1-Pfund) und 250-g (1/2-Pfund) Packungen verkauft. Natürlich nur als ganze Bohnen, denn zu Hause hatte jede Familie "de Kaffeemüll" mit der die Bohnen für jede Kanne Kaffee frisch per Hand gemahlen wurden. Dass heute fast ausschließlich nur noch gemahlener Kaffee verkauft wird, liegt daran, dass die Technik der Vaccumverpackung ab Ende der 1960er-Jahre so ausgereift war, dass Aromaverluste dess Kaffees in dieser Angebotsform nicht mehr zu befürchten waren.

Unser selbstgerösteter Kaffee wurde ab Anfang der 1950er-Jahre unter der Bezeichnung "Gold-Bohne" und "Silber-Bohne" vertrieben. Daneben wurde die SPAR-Eigenmarke "REGIO-Kaffee" in den Qualitäten "rot" und "grün", geröstet und vertrieben, denn unser Unternehmen war im Jahr 1954 der SPAR-Organisation beigetreten, die unter anderem den "REGIO-Kaffee" als nationale Eigenmarke der SPAR über alle SPAR-Großhandlungen vertrieb. Abnehmer unser Kaffees waren unsere Großhandelskunden. Im Übrigen war es in den 1950er-Jahren üblich, dass mehr oder weniger jede Lebensmittelgroßhandlung eine eigene Kaffeerösterei unterhielt.

Mitte 1963 verlagerten wir unseren Großhandelsbetrieb nach Aegidienberg, wo auch weiter Kaffee geröstet wurde.

Den Rohkaffee bezogen wir weitestgehend über den Rohkaffee-Importeuer "Rothfos" in Hamburg (siehe LINK 3), der den Rohkaffeemarkt in Deutschland ziemlich dominierte. Angeliefert wurde der Rohkaffe in 50 kg-Jutesäcken.

Da die Kaffee-Marke eine Rösters - z. B. die "Gold-Bohne" von Krämers - immer den gleichen Geschmack haben sollte, bestand diese aus einer Mischung verschiedenster Kaffee-Sorten aus unterschiedlichsten Proviniezen. Die Rohkaffees kamen überwiegend aus Süd- und Mittelamerika aber auch aus Afrika (Kenia) und Asien (überwiegend Indonesien / Java-Kaffee).

Die Importeure boten ihre Rohkaffees den Röstereien an, indem aus ihren Lagervorräten - aufgefordert oder unaufgefordert - Muster in 250 g-Probepackungen verschickten, die dann in einem Proberöster geröstet und nach dem Aufbrühen auf ihre Verwendungsfähigkeit für die eigenen Kaffeemischungen verkostet wurden. Hatte man eine angebotene Sorte für passend befunden, wurde eine Partie davon gekauft. Die gekaufte Menge wurde jdoch nicht direkt zum Kunden geliefert, sie wurde i. d. R. erst im Zolllager des Rösters - für uns war das Zolllager im alten Kölner Hafen zuständig - zwischengelagert. Das war insofern wichtig, denn sobald der Rohkaffee beim Verarbeiter im "Inland" angeliefert wurde, wurde für die angelieferte Menge die Kaffeesteuer fällig, die einen erheblichen Teil des Kaffeepreises ausmachte.

Man umging damit die sofortige Gesamtzahlung der Kaffeesteuer dadurch für die gekaufte Menge, so dass man den Rohkaffee in einem Zolllager, unter Aufsicht der Zollbehörde, einlagerte, aus dem man dann nach Bedarf die Mengen der einzelnen Kaffeesorten abrief, die man zur Herstellung seiner Kaffeemischungen benötigte. Dadurch wurde die Kaffeesteuer nur für den Rohkkaffee fällig, den man in nächster Zeit verarbeitete, d. h. röstete und anschließend weiterverkaufte. Man musste also keine Liquidität in Kaffeesteuer investieren. Die Anlieferung vom Zolllager in Köln erfolgte durch Spediteure, die auch die Zollformalitäten mit abwickelten.

Interessant ist (oder war mittlerweile) ein Brauch des Kaffeehandels: Die unaufgefordert oder aufgefordert zugesandten Kaffee-Mustersendungen brauchten nicht bezahlt zu werden, wenn man das Angebot nicht annahm. Nahm man ein Angebot an, wurde die 250g-Mustersendung selbst dann berechnet, wenn man von dieser Partie einige Tonnen kaufte.

Zum Abschluss ein (unvergessliches) Erlebnis, das ich mit meinem Großvater während meiner (ungeliebten) Hilfsdienste (natürlich ohne jede Vergütung) auf unserer Kaffeerösterei hatte: Ich war mit irgendeiner Tätigkeit beschäftigt, als mein Großvater mich im Vorbeigehen aufforderte, einige geröstete Kaffeebohnen, die auf den Boden gefallen waren aufzuheben. Auf meine Antwort, das es sich ja nur um ein paar Kaffeebohnen handele, schaute mich der Großvater scharf an und fragte: "Kannst Du eine machen?" -- Und schon wurde mir so eine unvergessliche Lehre erteilt.
Königswinter, 3. August 2016

Die Gefäß ist inzwischen in das Archiv des Brückenhofmuseums in Königswinter-Oberdollendorf gewandert.

Bild von 1925 ca.
Zur Verfügung gestellt von Petra Weinberger (Märter)
Marker Das Geschäft Laufenberg in Oberdollendorf - Marker Deutscher Kaffeeverband e.V - Hamburg - mit vielen Informationen zu Pflanze, Bohne, Kaffee und Kaffeehandel

Raum: Gewerbe Vitrine: Handwerker, Kleinbetriebe
Raum: Siebengebirge und der Rhein Vitrine: Brückenhofmuseum
Raum: Straßen A-H Vitrine: Heisterbacher Straße
Raum: Straßen A-H Vitrine: Generalkonsul-von-Weiss-Straße
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