Presseecho

 Brückenhofmuseum

Wenn Veronika filiformis dem Rasen zusetzt
PFLANZENDOKTOR
Hobbygärtner stellen Franz Beckers ihre Sorgenkinder vor. Der nimmt jedes Zipperlein seiner Patienten ernst. “Die Gartenschere ist immer noch das wichtigste Pflanzenschutzmittel”

GA_Pflanzendoktor

Blattläusen und Co. auf der Spur: Mit Begeisterung erforschen die Besuchergemeinsam mit Experte Franz Beckers die Pflanzen und ihre Krankheitssymptome. FOTOS: FRANK HOMANN

GA_Pflanzendoktor2
Von
Barbara Pikullik

OBERDOLLENDORF.
Er verordnet Quarantäne, verabreicht ein Gegenmittel, befürwortet den radikalen Umzug in eine klimatisch angemessene Umgebung. Franz Beckers stellt die auf den Einzelfall zugeschnittenen Diagnosen schnell und treffsicher. Der Heimatverein Oberdollendorf und Römlinghoven e.V. und das Brückenhofmuseum hatte den Botanik-Spezialisten in den Bungertshof eingeladen, um die „Sorgenkinder" der hiesigen Hobbygärtner zu behandeln.

Hauptberuflich arbeitet Franz Beckers am Institutszentrum der Landwirtschaftskammer NRW in Bonn-Roleber als „phytosanitärer Inspektor". Das sei auf pflanzlicher Ebene das Gegenstück zum Veterinär, erklärt er. Doch bekannt ist er überregional vor allem als Experte für Hobby- und Kleingärtner, zum Beispiel beim ARD-Ratgeber „Heim und Garten", im Rundfunk und bei vielen Tageszeitungen. Beckers lebt seit 25 Jahren in Oberdollendorf. So war seine Beratungsstunde im Bungertshof ein Heimspiel - in der zweiten Auflage nach 15 Jahren.

Leider hatten nur wenige Interessenten bei dem schönen Wetter den Weg in den Gasthof gefunden. Dabei war der Wonnemonat Mai bewusst als Zeitpunkt für die „Pflanzendiagnostik" gewählt worden; denn von „Wonne" kann vielerorts kaum die- Rede sein. „Gerade in dieser Jahreszeit erleben wir eine Hochkonjunktur von Schädlingen", erklärt Beckers. Hinter ihm befindet sich auf einem Tisch eine Auswahl an befallenen Gewächsen - welker Rhododendron, Camelie mit gekräuselten Blättern, ja sogar ein Rasenstück, das von Moos und dem so genannten Unkraut Veronica filiformis durchsetzt ist. Mustergültiger Pflanzenbefall. „Symptome, die man selber direkt erkennen kann, sind viel wichtiger als ein Bild in der Zeitschrift: Was man anfasst, hat einen größeren Erinnerungswert", so der Pflanzenexperte. Daher lautete sein Vortrag: „Pflanzenschutz zum Anfassen".

Auch die Interessenten waren eingeladen, ihre „Sorgenkinder" mitzubringen. „Ich habe einen Strauch, der so gelbe Blätter bekommen hat. Was mache ich da falsch?" Die Hobbygärtnerin reicht welke Pflanzenteile herum. Beckers erkennt sofort: Es handelt sich um eine Aucube. Der Standort ist eindeutig zu hell, diese Gattung benötigt Halbschatten. Und die Nähe zu einer Tanne hat der Aucube den endgültigen Garaus gemacht: Das Nadelgehölz ist ein Flachwurzler und entzieht umstehenden Gewächsen lebensnotwendige Nährstoffe.

Sonnenbrand ist nicht nur bei Menschen ein weit verbreitetes Symptom. „Man sollte die Pflanzen, die überwintert haben, niemals sofort direkt der Sonne aussetzen!", mahnt der Pflanzendoktor. „Am besten stellt man sie an einem trüben, regnerischen Tag nach draußen."

Fast scheint es, als habe man es mit Kindern oder Tieren zu tun. Beckers nimmt jedes „Zipperlein" ernst. Hartnäckige Pilze, Zitrusbäumchen, die nicht blühen wollen, Blätter, die sich einrollen, Rasen, der nicht gedeihen will.

Franz Beckers verbindet wohldosiert die ökologische und chemische Behandlung. Nicht der „Sagrotan-Garten", sondern der naturnahe Garten ist sein Ziel. Was dem Menschen die antibiotische „Keule", das ist der Pflanze ein chemisches Mittel. Drei Präparate seien für den Hobbygärtner absolut ausreichend, sagt Beckers. „Mit der Natur und nicht gegen die Natur" - diese Devise gelte auch für private Haushalte. Schmunzelnd winkt er mit der Gartenschere: „Das wichtigste Pflanzenschutzmittel ist immer noch diese hier." Und Blattläuse?. Die könne man einfach mit einem starken Wasserstrahl wegduschen - so entferne man schon einmal mindestens 80 Prozent.

Quelle: General-Anzeiger vom 10. Mai 2008

zur Startseite