Das Mühlenrad klappert nur in der Fantasie Von ehemals 18 Mühlen im Heisterbacher Tal existieren heute nur noch drei – als Wohnhäuser
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Auf riesiges Interesse stößt die Mühlenwanderung. Mehr als 100 Geschichtsbewusste nehmen an der Veranstaltung teil. FOTO: HOLGER HANDT
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Von Gabriela Quarg
OBERDOLLENDORF. Das Mühlental in Oberdollendorf hat seinen Namen nicht von Ungefähr: Nicht nur, dass der idyllische Mühlenbach durch das enge Tal unterhalb der Heisterbacher Straße plätschert - zwischen Mittelalter und Neuzeit befand sich dort ein regelrechter Gewerbepark.
Insgesamt 18 Getreide-, Öl- und Schleifmühlen wurden hier betrieben, wenn auch nicht alle zur gleichen Zeit. „Im Grunde genommen existiert heute leider keine einzige mehr", bedauert Karl Schumacher, Autor des Buches „Die Mühlen im Heisterbacher Tal". Während von den meisten allenfalls noch Relikte zwischen Brombeersträuchern und Brennnesseln zu finden sind, haben aber immerhin drei der ehemaligen Mühlengebäude heute noch als Wohnhäuser Bestand.
Die Geschichte der Mühlen ist offensichtlich ein Thema, das auf reges Interesse nicht nur bei den Ortsbewohnern stößt. Gut und gerne 100 Teilnehmer begaben sich bei einer vom Heimatverein Oberdollendorf und Römlinghoven initiierten Wanderung auf Spurensuche im Mühlental - genauer gesagt im oberen Mühlental, das vom Weingut Sülz bis hin zum Kloster Heisterbach verläuft und auch als Heisterbacher Tal bekannt ist. Beim Startpunkt am Gut Sülz hatten einst gleich zwei Mühlen ihren Dienst getan: Die „Ölmühle im Dich", von der heute noch ein Fachwerkhaus erhalten ist, und die „Getreidemühle an der Sülz", von deren Existenz man nur auf dem Papier weiß. „Eine Schenkungsurkunde Kaiser Ottos I. von 966 berichtet, dass das Aachener Marienstift in Dollendorf eine Getreidemühle auf seinem dortigen Anwesen besitze. Dabei handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um den Sülzhof, das heutige Weingut Sülz", erzählte Schumacher. Umso spannender die Legende, die sich um diese Mühle rankt: „Sie erzählt, dass die Mühle ein Aufenthaltsort von Hexen war." Die trafen sich nachts auf dem Hexenberg oberhalb von Römlinghoven, ritten auf Besen und Mistgabeln durch die Luft, und landeten direkt in der Mühle.
An einem kleinen Trampelpfad, der direkt am Bach entlangführt, ist nur wenige Meter entfernt das Relikt einer weiteren Mühle zu finden. Auf einem Hinweisschild der Stadt Königswinter ist zu lesen, dass hier einst die „Unterste Heisterbacher Mühle" stand. „In der Wand ist noch das alte Achsenauge zu sehen", sagt Schumacher und weist auf die Bruchsteine in der verwilderten Böschung. Die oberschlächtige Getreidemühle wurde 1770 hier erbaut und war bis 1910 in Betrieb. Das einzige unverbaute und fast unveränderte Mühlengebäude im Mühlental, die „Mühle am Hellenberg", trägt die heutige Hausnummer 24. Das windschiefe Häuschen mit dem Fachwerkgebälk im Obergeschoss und der Aufschrift „Anno 1777" beherbergte einst eine oberschlächtige Getreidemühle mit ebenfalls zwei Mahlgängen. Unter dem Dach befand sich eine Wohnung, in der auf engstem Raum die gesamte Müllerfamilie wohnte. Das Mühlrad hier hatte einen Durchmesser von fünf Metern und besaß 40 Schaufeln mit einem Fassungsvermögen von je 30 Litern Wasser.
Von zwei weiteren Mühlen ist nur noch eine alte Bruchsteinmauer übrig geblieben. Mitten im Wald gelegen erzählt diese von der Heisterbacher Fruchtmühle, die hier 1710 von den Zisterziensern der Abtei Heisterbach errichtet wurde. Fruchtmühle bedeutete nicht
etwa, dass hier einst. Obst verarbeitet wurde, „vielmehr ist die Bezeichnung Frucht im Rheinland identisch mit Getreide", so Schumacher. Etwa zur gleichen Zeit wurde weiter unterhalb ebenfalls von den Heisterbacher Mönchen der „Schleifkotten" erbaut. Das Mühlrad trieb hier einst zwei riesige Schleifsteine aus Sandstein an. Davon wiederum profitierte die nahe gelegene Schmiede.
Ihrem Namen alle Ehre macht die „Idyllenmühle" genannte Ölmühle am Ende des Tals, die erste oberschlächtige Mühle, die die Zisterzienser 1728 hier errichteten. Der jetzigen Besitzerfamilie Kolter ist es zu verdanken, dass sich das Gebäude in bestem Zustand befindet. Selbst der steinerne Wasseraustritt existiert noch - und schließt man die Augen, könnte man fast meinen, noch das Klappern des Mühlrades zu hören.
Oberschlächtig Bei einer oberschlächtigen Mühle läuft das Wasser von oben auf das Mühlrad, wird in den Schaufeln aufgefangen und nach unten transportiert. Im Gegensatz dazu bewegt bei einer unterschlächtigen Mühle der Strömungsdruck des fließenden Wassers von unten das Rad. Da es sich beim Mühlenbach um einen Wasserlauf mit geringer Strömung handelt, waren hier überwiegend oberschlächtige Mühlen zu finden. Die „Unterste Heisterbacher Mühle" erzeugte eine Leistung von vier PS. qg
Quelle: General-Anzeiger vom 24.09.2008 |