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Ein „Auswärtsspiel" in Rhöndorf
Lothar Vreden, Vorsitzender des Heimatvereins Oberdollendorf, plaudert beim Bürgerverein über alte Zeiten

GA_Rhoendorf

Mit einem interessanten Vortrag unterhielt der Oberdollendorfer Heimatvereinsvorsitzende Lothar Vreden die Rhöndorfer.          FOTO: HOLGER HANDT

Von Roswitha Oschmann

SIEBENGEBIRGE.
Selbst ein Kasteröllchen hatte Lothar Vreden mitgebracht. Der Vorsitzende des Heimatvereins Oberdollendorf/ Römlinghoven hielt bei der Festversammlung des Rhöndorfer Bürger- und Ortsvereins den Vortrag „Dat wore noch Zigge" und erinnerte dabei an frühere Zeiten.

Und so ein Kasteröllche kannten die meisten Besucher, die vom Ortsvereins-Chef Jörg Haselier herzlich begrüßt wurden. Viele von ihnen waren selbst auf solch einem Schlittenbau in ihrer Kindheit die Berge hinabgesaust oder übers Eis gerutscht. „Wenn wir Niederdollendorfer allein oder zu zweit mit dem Schlitten fuhren, lenkten wir mit einer Bohnenstange. Die Stange, auf Platt das Rähmchen, haben wir mit zwei Händen festgehalten, unter den Arm geklemmt und hinter uns zum Lenken fest auf die Bahn gedrückt. Natürlich haben wir uns die Stangen auf dem Weg zur Schlittenbahn aus einem Garten oder aus einem Feld geklaut", erzählte Vreden. So groß waren die Unterschiede offenbar nicht zwischen Rhöndorf und Dollendorf. Und was die Zukunft anbelangt: Das Platt, so Lothar Vreden, werde sich künftig wohl mehr und mehr angleichen. Denn: „Das ist Kölsch, wenn junge Leute heute Lieder von den Höhnern oder den Bläck Fööss singen."

Nahezu einen Begeisterungssturm löste Lothar Vreden aus, als er von seinen Wurzeln sprach. „Meine Mutter wurde 1907 in Rhöndorf geboren. Rhöndorf ist etwas Besonderes unter den Honschaften des rheinischen Nizza." Wenn sein Vater mit dem Schiff von Königswinter her zum Drachenfels kam, war plötzlich „die Luft angenehmer und wärmer". Gelächter, als Vreden die Episode von der schwedischen Königin und einer Gemüsefrau erzählte. „Dach, Frau Königin", sagte die Händlerin. „Wer sind Sie denn, gute Frau?" fragten Ihre Majestät. „Ich bin die Witwe, die Ihnen Gemüse gebracht hat." Die Königin: „Witwe? Dann ist Ihr Mann gestorben!" Sagte die Honneferin: „Nee. Der is nich jestorve, der hat sich kapott jesoffe."

So fein wie in Honnef und Rhöndorf, wo Königinnen flanierten, war es in Dollendorf natürlich nicht. „Was wohnten da Buure", zitierte Vreden seine Mutter. Aber er verwies auch auf Gemeinsamkeiten. Wein wird in beiden Orten angebaut. „Bundeskanzler Adenauer kaufte Wein aus Rhöndorf und aus Oberdollendorf, er hat bei Broel und bei Broel-Blöser bestellt."

966 wurde Dollendorf, 970 Honnef erstmals urkundlich erwähnt. „Zu gleicher Zeit also. Beide erlebten die Brandschatzung 1689 durch französische Truppen." Schlechte Zeiten wie die Inflation in den zwanziger Jahren spielten sich ebenfalls ähnlich ab. Ihr Mitbürger Wilhelm Redeligx hat damals das Notgeld zusammen mit Heinrich Reifferscheid entworfen." Und damit sich auch alle im Schützenhaus eine Vorstellung von den Zeichenkünsten Redeligx' machen konnten, hatte Vreden eigens einige Notgeldscheine vergrößert. Darunter das Rhöndorfer Strandbad. Dies nutzte er als Gelegenheit, um auf frühere Badevergnügen einzugehen. „Wir hatten in Dollendorf auch ein Strandbad, sogar mit Umkleidekabinen. Da konnten die Burschen so herrlich durch Astlöcher spinxen. Durch Bomben wurde das Bad zerstört."

Womit Vreden beim Weltkrieg war. Er erzählte von den Bombennächten im Keller, von der Angst, vom Geheule der Sirenen. „Wenn in Bonn die Bomben fielen, war das wie Erdbeben." Dann kamen die Amerikaner im März 1945. „Da habe ich erstmals Neger gesehen. Wir haben damals Neger gesagt, was nicht böse gemeint war. Es waren liebe Kerle. Bei denen gab es jeden Tag ein paar Scheiben Weißbrot und immer wieder ein Stückchen Schokolade. Zu Hause hatten wir nur Brot aus Maismehl."

Vreden gab wieder, wie sich die Leute versorgten in jener Zeit. „Mein Vater schaffte Bienen an, Hühner, Ziegen, Knings." Er erzählte von der Schulspeisung mit Haferflocken- und Grießbrei, mit Erbsen- und Kakaosuppe. Und so einige nickten zustimmend zu seinen Sätzen: „Dat wore noch Zigge", in denen aber auch gespielt wurde. Mit Klickern, beim Dilledopp schlage oder beim Rollschoo faare.

Und manchmal ärgerten die Jungs auch die Leute. Dann wurde geharzt. Der einstige Schulleiter: „Eine lange Kordel wurde mit einem Spezialknoten an die Regenrinne gebunden. Am Ende wurde die Kordel mit Harz beschmiert. Die Burschen zogen an der Kordel und dann strichen sie mit dem ebenfalls verharzten Finger über die verharzte Stelle der Kordel. Das gab im Haus so ein schreckliches Geräusch, dass im nächsten Augenblick die Tür aufflog. Dann mussten wir schnell wegrennen. Ein Eimer Wasser kam auch schon mal geflogen." Und das Harzen, das gehörte auch in Rhöndorf zum Schabernak-Repertoire.

Quelle: General-Anzeiger vom 20.01.2009

 Bericht auf der Webseite vom Bürger- und Ortsverein Rhöndorf

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